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Gerade in der Portraitfotografie stellen wir immer wieder fest, dass die Kamera unter bestimmten Umständen recht undankbar sein kann. So sieht man Menschen normalerweise zu 99% in Bewegung, wobei kleine Hautunreinheiten, Augenringe oder Asymmetrien des Gesichts gar nicht so ins Auge fallen – auf dem Foto stechen sie später dann manchmal als erstes großes Merkmal hervor.

Wir raten dir zunächst die digitale Retusche und Photoshop als ein hilfreiches Werkzeug zu begreifen, statt als schändliches Manipulationstool. Erst dann gelingt dir auch die hochwertige digitale Postproduktion. Hier folgen also 5 Tipps zur professionellen Bildbearbeitung in der Reihenfolge, wie sie auch in deinem Workflow anwendbar sind.

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Vorab: Mut zur Bildbearbeitung

Kein Bild ist unbearbeitet – sei es eine aufwendige digitale Retusche mit Color Grading und stundenlanger Feinarbeit oder einfach nur ein spezifisches JPEG-Preset, das die Kamera im Automatikmodus verwendet.

Bearbeitung ist in den meisten Fällen auch gar nichts Schlimmes, sondern einfach nur eine Ästhetisierung dessen, was der Kamerasensor – nun mal technisch begrenzt – auffangen kann. Nicht immer ist der blutrote Sonnenuntergang schließlich auf dem Foto so eindrucksvoll, wie er es in echt war, oder ein Portrait so sinnlich und ästhetisch, wie es durch den Sucher gewirkt hat. Zeige also Mut und trau dich mit folgenden Tipps daran, deine Fotos im Nachgang noch besser in Szene zu setzen.

Frau fotografiert mit Spiegelreflex

1. Die Bearbeitung mit Rohdateien beginnen

Alle DSLRs und inzwischen auch viele Kompaktkameras bieten die Möglichkeit, Bilder in RAW aufzunehmen. Dieses Rohdatenformat hat oft eine höhere Dateigröße als beispielsweise ein komprimiertes JPEG, enthält dafür aber auch weit mehr Bildinformationen. So können RAW-Files oft deutlich besser und rauschärmer aufgehellt oder abgedunkelt werden, sodass in Bereichen, die im JPEG bereits rein schwarz oder weiß wären, noch feinere Informationen vorliegen.

Einstellungen im Rohformat

Nimm also alle wesentlichen Einstellungen wie Belichtung, Kontraste, Tiefen/Lichter idealerweise in diesem Rohformat vor (*.NEF bei Nikon, *.CR2 bei Canon oder auch *DNG bei anderen Herstellern). Vergiss dabei auch den Weißabgleich nicht; hier ist es oft eine gute Idee, einfach ein bisschen zu experimentieren, welcher Kelvin-Wert am besten wirkt. Die Weißabgleich-Automatik der Kamera ist zwar oft relativ akkurat, manchmal lässt sich aber z.B. durch einen etwas wärmeren Look eine schönere Grundstimmung erzeugen.

2. Erst retuschieren, dann um den Bildlook kümmern

Viele Anfänger in der Bildbearbeitung machen den Fehler, dass sie zuerst „globale“ Anpassungen vornehmen, also zum Beispiel Filter, Einstellungsebenen etc. über das Ausgangsbild legen, und sich erst danach um selektive Anpassungen wie z.B. die Hautretusche kümmern.

Das ist, ganz pauschal gesagt, nicht empfehlenswert. Sorge daher zuerst für ein cleanes, neutrales Bild, das du im Anschluss dann global bearbeiten kannst. Oft führen Ex-post-Korrekturen nämlich dazu, dass du vorher getane Schritte nicht mehr sonderlich gut überarbeiten oder z.B. die Deckkraft einer vorher erstellten Ebene reduzieren kannst.

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3. So viel wie nötig und so wenig wie möglich retuschieren

Dieser Tipp gilt natürlich hauptsächlich für Portraits, aber auch in der Landschafts- oder Architekturfotografie kann man sich schnell in Feinarbeiten verzetteln. Retuschiere dezent – und habe dabei auch immer die finale Darstellungsgröße deines Bildes im Hinterkopf. Solange du deine Fotos nicht im Billboard-Format in Postergröße drucken möchtest, sondern zum Beispiel nur als 40x60cm-Wandbild, müssen Retuschearbeiten auch nicht in der 300%-Ansicht vorgenommen werden.

Frau auf Bett bearbeitet Bild

Hautretusche

Sieh auch von zu starken Glättungen oder Weichzeichnern ab; kleine Hautunreinheiten wie Pickel oder Rasurbrand können natürlich entfernt werden, auch Augenringe sehen auf Fotos oft schlimmer aus als in der Realität. Aber eine wirklich hochwertige, professionelle Hautretusche dauert erst einmal immens lange, wenn sie nicht nach glattgebügelter Barbiepuppe aussehen soll, und ist auch in den meisten Fällen für den Privatgebrauch gar nicht notwendig.

Auswahl statt Über(be)arbeitung

Behalte die Zeit im Auge – wir persönlich finden den Look eines Bildes und natürlich auch das Bild selbst (hier spielt wiederum die effektive und dann natürlich auch effiziente Bildauswahl eine zentrale Rolle) wichtiger als die Frage, ob nun jede minimale Unpässlichkeit fein säuberlich ausgeglichen wurde.

4. Mit Kontrasten und selektiver Helligkeit arbeiten

Je nach Lichtstimmung und Motiv sind Fotos „ooc“, also direkt aus der Kamera („out of cam“), oft entweder zu blass-grau oder zu kontrastreich (letzteres v.a. beispielsweise bei direktem Sonnenlicht). In Photoshop oder anderen Bildbearbeitungstools kannst du dem entgegenwirken – im Gegensatz zur RAW-Bearbeitung auch selektiv, d.h. für bestimmte Bereiche des Bildes.

Gegenlicht

Gerade bei Fotos im Gegenlicht entsteht oftmals das Problem, dass einzelne Teile des Bildes komplett über- und andere stark unterbelichtet sind. Erstelle hier zum Beispiel zwei Gradationskurven oder Tonwertkorrekturen und stelle jeweils den Tiefen- oder Lichterbereich ein. (In der Tonwertkorrektur beispielsweise ist auch der Gamma-Regler oft eine gute Wahl.) Anschließend erstellst du eine Maske und füllst den jeweils auszuschließenden Bereich mit dem Pinsel- oder Verlaufswerkzeug auf.

Portraitfotos

Auch bei Portraitfotos ist die selektive Nachbearbeitung oft der globalen überlegen. Maskiere einfach mal in Gruppenportraits oder Portraits mit Hintergrund das Gesicht oder die Haut heraus und wende nur auf diesen Bereich eine Tonwertkorrektur an, bei der du den Kontrast nach oben ziehst. Der Effekt ist nachher meist recht subtil, wertet das Bild aber dennoch ordentlich auf.

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5. Looks mithilfe der Gradationskurven oder der Farbbalance erzeugen

Den letzten Schritt einer Bildbearbeitung bilden für uns immer die Farben und die Zusammenstellung eines eigenständigen Looks für das jeweilige Bild. Hier gibt es natürlich tausend verschiedene Wege, die nach „Rom“ führen. Unsere Favoriten sind die Einstellungen Farbbalance oder Gradationskurve, die so oder so ähnlich in verschiedenen Bildbearbeitungsprogrammen zu finden sind.

Gradationskurve & Farbbalance

Mit der Gradationskurve lassen sich gezielt einzelne Farbkanäle bearbeiten, und das in beliebigen Helligkeitsregionen. Wenn du beispielsweise im Rotkanal den Regler nach unten ziehst, wird das gesamte Bild blaustichig usw. Diese Technik kannst du einsetzen, wenn du ganz konkrete Helligkeitsbereiche farblich und in ihrer Helligkeit modellieren möchtest.

Die Farbbalance ist da insgesamt etwas „grobschlächtiger“ und für unseren Geschmack aber eine ebenso nützliche Variante. Hier lassen sich für drei verschiedene Helligkeitskategorien (Lichter, Mitten, Tiefen) die Farbkanäle verschieben. Wir mögen zum Beispiel Bildlooks mit zusätzlichem Blaustich in den dunklen Bildbereichen – drehen also hier gerne den Blauregler in den Tiefen nach oben.

Ausprobieren!

Wichtig ist nur, dass du die Bilder nicht mit einem „So, jetzt bin ich zufrieden!“ abspeicherst und direkt losschickst; nach ein paar Stunden Bearbeitungsfieber kann sich nämlich schnell ein Eindruck einbrennen, der sich später nicht unbedingt bestätigt. Oft ist es hilfreich, nach ein paar Stunden oder am nächsten Tag nochmal einen Blick auf die Bearbeitung zu werfen und gegebenenfalls die Stärke der Farbmanipulation etwas zurückzunehmen oder anzupassen. Bist du mit deinen Ergebnissen auch am nächsten Tag noch rundum zufrieden, sind deine bearbeiteten Bilder wirklich fertig.

Eine Sammlung deiner schönsten Motive kannst du bei Pixum ganz leicht in einem Fotobuch verewigen.

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